Fokus: Brennelementebecken

Fokus-Brennelementbecken

Fokus Brennelementbecken. Fukushima – kein Ende in Sicht

Die IAEA meldete am 15. August 2024 eine Leckage im Kühlsystem des Brennelemente ­Lagerbecken des Reaktor 2 des AKW Fukushima Daiichi.[1] Das Funktionieren des Brennelemente-Kühlsystems ist verhindert es doch das Überhitzen der immer noch im Reaktorgebäude verbliebenen Brennelemente und deren Schmelze, welche zu erneuter Freisetzung von radioaktiven Stoffen führen kann.

Am 11. März 2011 kam es in Japan in Folge des Tohoku-Erdbebens und des dadurch ausgelösten Tsunamis zur schwersten Reaktorkatastrophe seit Tschernobyl: Die Blöcke 1 bis 4 des AKW Fukushima Daiichi wurden durch Explosionen oder Kernschmelzen zerstört, aufgrund der radioaktiven Freisetzungen mussten mehr als 146.000 Menschen evakuiert werden. 13 Jahre später sind noch immer jeden Monat tausende Fachkräfte auf dem Anlagengelände tätig, um die Anlagen zu dekontaminieren und den Rückbau der Reaktoren vorzubereiten.[2] Im letzten Jahr stand vor allem der Umgang mit den großen Mengen an radioaktiv kontaminiertem Wasser,[3] das auf dem Anlagengelände gelagert wird, im Fokus der Öffentlichkeit.

Leckage im Kühlsystem des BE-Becken

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) wurde darüber informiert, dass TEPCO am 9. August 2024 im AKW Fukushima Daiichi, Block 2, einen Wasseraustritt feststellte, der schätzungsweise 25 Tonnen Wasser aus dem Pumpenraum des Kühlsystems für abgebrannte Brennelemente und dem Wärmetauscherraum betraf. Das ausgetretene Wasser floss in einen Abfluss auf dem Boden, der mit der Wassersammelgrube (Bodensumpf) in einem Raum des ersten Untergeschosses verbunden war. Die Agentur wurde auch darüber informiert, dass TEPCO zum jetzigen Zeitpunkt keine Ausbreitung des Lecks auf andere Räume festgestellt hat. Als Vorsichtsmaßnahme stoppte TEPCO die Primärkühlpumpe für abgebrannte Brenn-elemente, um die Ursache zu untersuchen und das Temperaturniveau im Brennelemente Lagerbecken zu ermitteln. TEPCO bestätigte, dass die Temperatur im normalen Bereich liegt und nicht über 46 Grad Celsius steigt und unter der Betriebsgrenze von 65 Grad Celsius liegt. Das ausgetretene Wasser sammelte sich im ersten Kellergeschoss als stehendes Wasser. TEPCO will das ausgetretene Wasser in seinen Wasser-Aufbereitungsanlagen behandeln und weiterhin das Becken für abgebrannte Brennelemente und den Wasserstand in Block 2 überwachen. Weiter soll eine Untersuchung des Lecks und der künftigen Gegenmaßnahmen durchgeführt werden, um den Reparaturplan mit Hilfe eines ferngesteuerten Roboters festzulegen.

Reaktor 2 des AKW Fukushima

Abbildung 1: Reaktorgebäude Fukushima Reaktor 2

Das Hauptaugenmerk der Rückbauarbeiten liegt aktuell auf Block 2, wo die erste Probebergung von geschmolzenen Kernschmelzfragmenten vorgesehen ist. Der Termin für diese Bergung hat sich allerdings mittlerweile zum dritten Mal verschoben, diesmal von März 2024 auf Oktober 2024. Hierbei soll ein neuer teleskopartiger, stabförmiger Roboterarm den Weg zu den Kernschmelzfragmenten inspizieren und frei-räumen. Der neue Erkundungsplan sowie der zum Einsatz kommende Roboterarm für diese etwa dreimonatige Untersuchung müssen jedoch noch von der Aufsichtsbehörde NRA genehmigt werden. Auch hinsichtlich der Bergung der Brennelemente[4] aus den Abklingbecken hat sich nicht viel getan. Die Brennelemente aus Block 3 und 4 sind seit 2021 bzw. 2014 aus den Abklingbecken entfernt. Im Abklingbecken von Block 1 liegen noch 392 Brennelemente. Dort wird nach wie vor eine Einhausung installiert, innerhalb derer die Trümmer und Brennelemente geborgen werden sollen. In Block 2 warten noch 615 Brennelemente auf die Bergung. Es sind noch weitere technische Probleme und Termin-verschiebungen zu erwarten. Ein Ende der Aufräumarbeiten ist noch in ferner Sicht!

Kühlung abgebrannter Brennelemente: Was sind die Risiken und Schwachstellen?

Wenn eine Störung, eine Naturkatastrophe oder ein Terroranschlag dazu führt, dass Wasser aus dem Becken austritt oder das Kühlsystem nicht mehr funktioniert, beginnen die Brennstäbe, das verbleibende Wasser im Becken zu erhitzen, so dass es schließlich kocht und verdampft. Wenn das Wasser, das ausläuft oder verdampft, nicht schnell genug nachgefüllt werden kann, sinkt der Wasserspiegel und die Brennstäbe werden freigelegt. Sobald der Brennstoff freigelegt ist, könnte er so heiß werden, dass die Metallhülle, die den Uranbrennstoff umgibt, reißt und Feuer fängt, was wiederum den Brennstoff weiter aufheizen könnte, bis er beschädigt wird.  Bei einem solchen Ereignis könnten große Mengen radioaktiver Stoffe, wie z. B. Cäsium-137, in die Umwelt gelangen.  Dies würde bei kürzlich entladenen abgebrannten Brennelementen beginnen, die heißer sind als Brennelemente, die sich schon länger im Becken befinden.  Ein typisches Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente in den Vereinigten Staaten fasst mehrere hundert Tonnen, so dass ein Feuer, das von den heißeren auf die kälteren Brennelemente übergreift, zu einer sehr großen Freisetzung radioaktiver Stoffe führen könnte. Die Becken für abgebrannte Brennelemente in Siedewasser-reaktoren befinden sich nur innerhalb des sekundären Sicherheitsbehälters des Reaktors – des Reaktorgebäudes – und nicht innerhalb des robusteren primären Sicherheitsbehälters, der verhindern soll, dass die bei einem Notfall aus dem Reaktorbehälter austretende Strahlung in die Umwelt gelangt.

Abbildung 2: Zwischenlager für abgebrannte Brenn-elemente im AKW Leibstadt (Quelle: KKL Technischer Beschrieb 2006)

Daher ist es wahrscheinlicher, dass aus einem Lagerbecken für abgebrannte Brennelemente freigesetzte Strahlung in die Umwelt gelangt, als dass sie aus dem Reaktorkern austritt. Da sich das Lagerbecken für abgebrannte Brenn-elemente außerhalb des primären Sicherheits-behälters befindet, ist es außerdem anfälliger für bestimmte terroristische Angriffe wie z. B. gezielte Flugzeugabstürze als der Reaktorkern. Die fortgesetzte Befüllung dieser Becken mit abgebrannten Brennelementen verschärft dieses Problem, da die Menge an radioaktivem Material, die in die Umwelt freigesetzt werden könnte, zunimmt. Eine große Strahlungsfreisetzung aus einem Becken mit abgebrannten Brenn-elementen könnte mehr Cäsium-137 freisetzen als die Katastrophe von Tschernobyl, was zu Tausenden von Krebstoten und immensen Dekontaminationskosten und wirtschaftlichen Schäden führen würde.

z.B. AKW Mühleberg

Am 27. Januar 2015 verlangte das ENSI von der BKW dem Betreiber des mittlerweile stillgelegten AKW Mühleberg eine Verstärkung der Kühlung des Brennelementekühlbecken.[5] Das AKW Mühleberg musste deshalb für die Restlaufzeit von 5 Jahren einen zusätzlichen Einhängekühler installieren. Dieser Mangel wurde erst nach 45 Jahren Betrieb des AKW erkannt!

Abbildung 3: Quelle : Medienkonferenz des ENSI vom 27.01.2015

ENSI-Originaltext: «Das Kühlsystem für das Brennelementbecken will die BKW in zwei Phasen verstärken. In einer ersten Phase sollen Eintauchkühler installiert werden, die über das Hochreservoir Runtigenrain sowie über mobile Mittel mit Kühlwasser versorgt werden können. In einer zweiten Phase nach der endgültigen Ausserbetriebnahme soll das Notfall-Kühlsystem in ein vollwertiges Sicherheits-system umgebaut werden.»

Risiko Terror Flugzeugabsturz und Krieg

Wie bereits erwähnt haben auch die Schweizer Siedewasserreaktoren Mühleberg und Leibstadt ihr Brennelementelagerbecken im Sekundären Sicherheitsmantel. Bereits 2001 machte Fokus Anti-Atom darauf aufmerksam das die Auslegung der Alt-Reaktoren nicht auf Flugzeuge heutiger Bauart[6] und terroristische Angriffe wie die auf die TwinTowers in NewYork USA[7] am 11.09.2021 ausgelegt sind. Heute erweitern sich die Risiken angesichts der Situation der AKW Kursk und Saporischschja in den Kriegsgebieten der Ukraine und der UDSSR auch auf kriegerische Attacken. Der kritischste Moment aller Leichtwasser-Reaktoren ist die AKW Revision, bei der Revision wird der Reaktordeckel abgehoben der Reaktor mit seinen tausenden Brennstäben liegt dann offen unter dem Sekundär-containment. Im Falle der Siedewasser-reaktoren inklusive der Brennelemente im Brennelementekühlbecken.

Die Brennelemente

Aus Technischer Beschrieb des AKW Leibstadt: Das Uran ist als Uranoxid, in Form von Pellets, in Brennstäben, einem dünnen Rohr aus Zirkaloy, eingeschlossen. 96 Brennstäbe bilden ein Brennelement. Ein Brennelement ist 4470 mm lang und wiegt 292 kg. Der Kern besteht aus 648 Brennelementen. Alljährlich, muss der Brennelementwechsel vorgenommen werden. Etwa ein Fünftel der 648 Brennelemente sind durch neue zu ersetzen. Vor dem Brenn-elementwechsel muss der Deckel des Reaktordruckgefässes abgenommen werden. Mit Teleskopgreifern werden die verbrauchten Brennelemente herausgezogen und im externen Abkling-Lagerbecken mehrere Jahre gelagert.

Abbildung 4: Transferbecken (4) des KKL und  Abklinglagerbecken (7)


[1] www.iaea.org/newscenter/pressreleases/iaea-director-general-statement-on-a-water-leakage-at-fukushima-daiichi-nuclear-power-station

[2] https://www.grs.de/de/aktuelles/13-jahrestag-fukushima-ein-ueberblick-ueber-die-aktuellen-arbeiten-am-standort

[3] www.grs.de/de/aktuelles/fukushima-daiichi-und-das-wasser

[4] Status of Fuel Removal — Decommissioning Project|Status of the Decommissioning Work|Tokyo Electric Power Company Holdings, Inc. (tepco.co.jp)

[5] https://www.ensi.ch/de/2015/01/27/ensi-genehmigt-massnahmen-fuer-muehleberg-restlaufzeit-mit-auflagen

[6] www.fokusantiatom.ch/?p=1648

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/One_World_Trade_Center